Eine harmonische und reibungslose Unternehmensnachfolge
Gemeinsame Parallelen und eine Chemie, die stimmt: Was für zahlreiche Lebensbereiche wichtig ist, gilt gleichsam für die externe Nachfolgelösung in Unternehmen.
„Ich vergleiche es immer mit einer Partnerschaft und der Ehe: Da gehört extrem viel dazu, dass man das Gefühl hat, das passt zusammen“, sagt Alexander Bialas.
Der 44-Jährige verließ den Weltkonzern TUI nach mehr als 17 Jahren als Abteilungsleiter im Rechtswesen. Seit Anfang April kümmert sich Bialas um die Geschicke des in Denkte ansässigen Betriebes Schildkonzept, einem Dienstleister für individuelle Leitsysteme und Beschilderungen mit knapp 30 Mitarbeitenden. „Es ist am Ende eine Entscheidung aus dem Bauch heraus, und eher weniger rational zu begründen. Mit der Selbstständigkeit habe ich schon seit dem Jugendalter Ideen. Ich habe auch noch einen alten Ordner mit diversen Konstruktionen, um Gesellschaften zu gründen und Geschäftsideen zu entwickeln. Das Thema Selbstständigkeit war immer da.“
Schildkonzept übernahm er zum 1. April dieses Jahres von Frank Klußmann, der das Unternehmen 1998 gründete und fast 24 Jahre leitete. Der gelernte Schauwerbegestalter war einst mit den Strukturen seines Arbeitgebers unzufrieden und dachte sich kurzerhand: Das mit den Beschilderungen mache ich selbst! Diesen Antrieb hat Klußmann auch bei seinem Nachfolger festgestellt: „Ich habe die ganzen Jahre immer nach Bauchgefühl gearbeitet, insbesondere was Personal betrifft. Bei Herrn Bialas hatte ich den Eindruck: Da brennt jemand für etwas.“
Klußmann hatte nach einem Zwist im Unternehmen 2014 ans Aufhören gedacht. Mit einem Mediator konnten die Probleme ausgeräumt werden, doch den passionierten Musiker ließ das Thema Unternehmensnachfolge nicht los. Hier trat die Allianz für die Region auf den Plan. „Wir bieten mit unserem Regionalpool ein kostenfreies Angebot, das Übergabeunternehmen mit qualifizierten Nachfolgekandidaten zusammenbringt. Dabei arbeiten wir seit Jahren eng und gut mit den regionalen Wirtschaftsförderungen, Kammern und Verbänden zusammen, um die Nachfolgeprozesse gemeinsam umfassend zu begleiten“, erklärt Thomas Kausch, der das Projekt bei der Allianz für die Region betreut. Alle im Regionalpool gesammelten Informationen sind diskret und nicht öffentlich zugänglich.
Bei Schildkonzept brauchte es ein paar Durchläufe, bis Klußmanns Bauchgefühl und die Chemie stimmten. Mit Bialas war der Übergabeunternehmer geschäftlich und privat schnell auf einer Wellenlänge. Im November 2020 fand das Erstgespräch mit Kausch als Vertreter der Allianz für die Region in Denkte statt. „Ich kann jedem empfehlen, ein Angebot wie dieses zu nutzen. Besonders hilfreich war für mich, dass ich bei wichtigen Gesprächen begleitet wurde und stets einen neutralen Vermittler an meiner Seite wusste“, betont Klußmann. Seit dem ersten Treffen arbeiteten alle Parteien konsequent an der Finalisierung der Zusammenarbeit. Ende September 2021 folgten nach einem ungewöhnlich schnellen Prozess die Unterschriften unter den Vertrag.
Wie harmonisch dieser Prozess ablief, belegt die Tatsache, dass nur ein Anwalt den Vertrag ausarbeitete: „Das ist für die Anwälte auch recht ungewöhnlich. Normalerweise kennen sie das, eine Seite zu vertreten. Nun sollte er aber etwas entwickeln, was für beide Seiten gut ist. Genau das war ja der Punkt: Es sollte nicht jeder in seinem Kämmerchen sitzen und den bestmöglichen Vertrag für sich ausarbeiten. Wir wollten von vorneherein, dass es für beide Seiten vernünftig ist“, betont Klußmann.
Am 1. April 2022 fand schließlich die offizielle Unternehmensübergabe in Denkte statt. Klußmann beschreibt seine Gefühlswelt mit einem lachenden und weinenden Auge. Einerseits freue er sich, nach einer intensiven Übergabephase einen Schnitt setzen zu können. Andererseits sei er wehmütig, weil er Schildkonzept stets mit Herzblut geführt habe. Für mindestens ein Jahr werden Klußmann und seine Frau dem Unternehmen jedoch in anderer Funktion erhalten bleiben. Die weitere Zukunft ist offen.
Nachfolger Bialas freut sich auf die „wunderbare Ergänzung“ durch Familie Klußmann. Der studierte Wirtschaftsjurist sprüht vor Tatendrang: „Es geht darum, alle Voraussetzungen zu schaffen, dass das Unternehmen menschlich - das halte ich für sehr wichtig - und inhaltlich weiterhin funktioniert. Ein wichtiges Thema ist die Digitalisierung, was wir jetzt auch kurzfristig angehen werden.“ Langfristig wolle er gemeinsam mit den Mitarbeitenden die Zukunft gestalten sowie den Spagat zwischen Investitionen und Finanzpolstern meistern.
Und vielleicht entsteht durch die stimmige Chemie dieser Unternehmensnachfolge sogar noch ein musikalisches Highlight. Denn nicht nur Klußmann ist musikbegeistert. Bialas verfügt über variables Know-how auf dem Klavier, der Flöte und dem Schlagzeug. „Mein Traum ist es, nochmal eine eigene Band zu formieren. Frank Klußmann und ich haben schon über eine Schildkonzept Band nachgedacht“, erzählt der künftige Geschäftsführer. Womöglich werden im Windhuck in Denkte bald also nicht nur Schilder, sondern auch Klänge produziert…